Schäubles Abschussbestrebungen widersprechen dem Grundgesetz

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Jan. 022007
 

Auch nach der Mitteilung, dass die Bestrebungen Wolfgang Schäubles (CDU), das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum zum Abschuss von Passagiermaschinen zu unterlaufen, im Parlament an den Sozialdemokraten scheitern würden, reißt die Kritik nicht ab. So bezweifelt nach einem Bericht der Financial Times Deutschland unter anderem der Verfassungsrechtler Volker Epping die Verfassungsmäßigkeit der Pläne: „Die Ausrufung des Verteidigungsfalls nach dem Grundgesetz bewirkt nur, dass auf Bundesebene ein einfacheres Gesetzgebungsverfahren in Kraft tritt. Der Verteidigungsfall bedeutet nicht, dass die Grundrechte eingeschränkt werden – schon gar nicht das Grundrecht auf Würde. Auch wenn der Verteidigungsfall gelten würde, dürften nicht Zivilpersonen getötet werden, um andere zu schützen. […] Die Pläne des Innenministers werfen deshalb erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel auf.

Dabei scheint Schäuble nicht der einzige zu sein, der das Urteil des höchsten deutschen Gerichts gern einfach ignorieren möchte. Im Gegensatz zu den anderen Fraktionen des Bundestages kann er sich dabei der Unterstützung der Unionsfraktion sicher sein. So äußert der stellvertretende Unionfraktionschef Wolfgang Bosbach gemäß FTD, dass ihm die Bedenken des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls egal sind: „Wir müssen die Rechtslage der Bedrohungslage anpassen.“ Und er erhöht demgemäß den Druck auf den Koalitionspartner: „Wenn die SPD Nein sagt, muss sie einen Vorschlag machen, wie sie die bisherige Schutzlücke ebenso wirkungsvoll schließen will.“ Will sagen: Wenn die SPD unseren Verfassungsbruch nicht mit tragen möchte, soll sie sich gefälligst einen eigenen einfallen lassen.

Es bleibt also die Hoffnung, dass die anderen Bundestagsfraktionen – insbesondere die sozialdemokratische – standhaft bleiben und weiterhin für eine rechtsstaatliche Betrachtung der Bedrohung stehen. Die Aussage von Dieter Wiefelspütz (SPD), dass nach Maßgabe des Bundesverfassungsgericht nur Maschinen abgeschossen werden dürften, die entweder unbemannt oder ausschließlich mit Terroristen besetzt sein, und dementsprechend der Vorstoß des Innenministeriums aussichtslos sei. Der Vorwurf des SPD-Verteidigungspolitikers Rainer Arnold, Schäuble wolle über dieses Gesetz den Weg für einen uneingeschränkten Einsatz der Bundeswehr im Innern frei machen, trifft den Kern der Angelegenheit.

Die FDP wendet sich gegen eine Militarisierung der Innenpolitik. So die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion Gisela Pilz: „Die Innenpolitik ist kein Anwendungsfall des Kriegsvölkerrechts. Eine gesetzliche Abwägung ‚Leben gegen Leben‘ kann es nicht geben.“ Das Bundesverfassungsgericht hatte die Abwägung „Leben gegen Leben“ bereits als grundgesetzwidrig verworfen. Unverständlich deshalb, warum ausgerechnet der Innenminister es dennoch um jeden Preis durchsetzten möchte.

Auch die Pilotengewerkschaft Cockpit wandte sich gemäß Bericht der Tagesschau klar gegen Schäubles Vorstellungen. Denn von Außen sei im Zweifel die Situation an Bord eines Flugzeuges gar nicht zu erkennen. Darüber hinaus seien auch durch einen Abschuss Menschen am Boden gefährdet.

 Veröffentlicht von am 2. Januar 2007 um 19:46
Jan. 022007
 

Der sonst in Fragen innerer Sicherheit auch nicht immer zimperliche Dieter Wiefelspütz (SPD) räumt nach einem heutigen Bericht der Tagesschau den Bestrebungen von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU), das Urteil des Bundesverfassungsgericht zum Verbot des Abschusses von Passagierflugzeugen bei Terrorverdacht zu unterlaufen, keine Chance ein. Schäuble wollte die geltende Rechtsprechung durch eine Grundgesetzsänderung aushebeln, die dann einen „Quasi-Verteidigungsfall“ einführen soll – so berichtete der Spiegel bereits gestern. Dass sich zumindest die SPD in der Großen Koalition noch an Regeln des Rechtsstaates gebunden sieht, kann zumindest einigermaßen beruhigen.

Dieser Vorstoß ist ein weiterer Versuch, die Trennung von Polizei und Bundeswehr außer Kraft zu setzen und so auch zu Einsatzmöglichkeiten für die Bundeswehr im Innern zu gelangen. Schlussendlich – und das ist das paradoxe – ist der islamistische Terror Dank Politikern wie Herrn Schäuble auf eine Art erfolgreich, die man sich so nicht hätte vorstellen können. Die westliche Wertegemeinschaft ist augenscheinlich zunehmend bereit, ihre Werte einer freien und offenen Gesellschaft und die Achtung der Menschenrechte freiwillig selbst über Bord zu werfen – im verzweifelten Bemühen etwas zu sichern, was es nach dieser Aufgabe der Werte so gar nicht mehr gibt.

 Veröffentlicht von am 2. Januar 2007 um 13:58