Jan 112007
 

Die Financial Times Deutschland steht ja nun kaum im Verdacht, Verschwörungstheorien gegen Großunternehmen zu verbreiten oder besonders wirtschaftsfeindlich zu sein. Umso bedenklicher ist der heutige Artikel der Online-Ausgabe mit dem Titel „Wie Exxon die Welt verdunkelt„, weil er all dass, was bisher gern einmal zur antikapitalistischen Panikmache erklärt wurde, nun ebenfalls aus der Sicht eines Wirtschaftsblattes als Vorwurf gegen den Ölmulti Exxon Mobil erhebt.

Nach Aussagen der FTD hatten sich in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts die wesentlichen Ölkonzerne in einer „Global Climate Coalition“ vereinigt, einer „Lobbyvereinigung gegen die sich verdichtenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel“. Im Jahre 1997 seien dann die Konzerne Shell, Texaco und BP aus dieser Vereinigung ausgestiegen und hätten Ihre Haltung zum Klimawandel geändert: „Millionen wurden in die Erforschung neuer Energiequellen investiert, Programme zur Eindämmung von Emissionen aufgelegt.

Nach Angaben des Blattes blieb aus der GCC allein Exxon Mobil über:

Nicht so Exxon: In einem internen Memo, dass aufgrund eines Gerichtsbeschlusses veröffentlicht werden musste, formulierten die GCST-Mitglieder ihre Strategie: Millionen von Dollar zu investieren, um „Unsicherheit über die globale Erwärmung“ herzustellen. Viel Erfindungsgeist bewiesen die Öffentlichkeitsarbeiter des Ölkonzerns dabei nicht. „Exxon hat mit denselben Methoden Zweifel an der Verursachung des Klimawandels durch Menschen gestreut, die zuvor auch von Tabakkonzernen verwendet wurden“, sagt Alden Meyer, Strategiedirektor der UCS. Zum Teil greife Exxon sogar auf das gleiche Personal zurück, das auch schon an der Tabakfront kämpfte.

Zur Umsetzung der Strategie sollen von PR-Unternehmen im Auftrag des Konzerns Institute mit wohlklingenden Namen gegründet worden sein, in denen ein kleiner Kreis von immer denselben „Klimawandelskeptikern“ Studien für die Öffentlichkeitsarbeit erstellt habe. Dabei soll die Arbeit dieser Institute in einigen Fällen derartig schlecht oder falsch gewesen sein, dass sich andere darin zitierte Wissenschaftler öffentlich davon distanziert oder Gegendarstellungen dazu veröffentlicht haben sollen. Doch auch davon ließen sich die Institute nach Informationen der FTD nicht abhalten, diese Studien und Arbeiten weiter zu veröffentlichen. In weiteren Fällen sollen die Lobbyisten von Exxon Mobil gezielt versucht haben, den Anschein zu erwecken, dass ihre Schriften von seriösen und anerkannten Organisationen stammen, beispielsweise von der „National Academy of Sciences„. Weiterhin hätten sie beispielsweise eine angebliche Petition von 17.000 Wissenschaftlern organisiert, die allerdings von keinem namhaften Klimaforscher unterzeichnet worden sei – dafür aber von erfundenen Personen.

Exxon nimmt nach Ansicht der Financial Times darüber hinaus massiv Einfluss auf die Bildungsorganisationen in Deutschland, indem auf den Websites www.schulphysik.de und www.biokurs.de Lobbymaterial eingeschleust werde, dessen methodische Fehler längst nachgewiesen seien. Dennoch hielten sich diese falschen Materialien weiterhin:

An der Öffentlichkeitswirksamkeit der Seiten ändert das nichts. „Die Skeptiker haben das Schulmaterial im Netz fest in ihrer Hand“, konstatiert der Forscher [der Paläoklimatologe Prof. Dr. Stefan Rahmstorf von der Universität Potsdam]. Argumentativ versorgt würden die deutschen Skeptiker in der Regel aus den USA – in erster Linie vom Klimawandelgegner Fred Singer. Singer, ein Astrophysiker, ist übrigens in vier Institutionen in entscheidender Stelle vertreten, die von Exxon finanziert werden.

Nun ist ja Lobbyarbeit nicht verboten und in der Regel sorgen Interessengruppen dafür, dass die eigenen Meinungen durch entsprechende Gutachten untermauert werden. Wer sich aber so deutlich dem Verdacht aussetzt, mit gekauften Gefälligkeitsgutachten zu arbeiten, wem die ehemaligen Verbündeten davon laufen und wer in einem Maße wie dem geschilderten Täuschungsmanöver fährt, der darf sich nicht wundern, wenn er jegliche Glaubwürdigkeit verspielt. Das ist umso bedauerlicher, als die Thematik für den normalen Bürger nicht zu durchschauen ist – in der Regel also Glauben das Wissen ersetzt. Wer möchte, dass man ihm glaubt, der muss eben auch glaubhaft sein. Sollte der Bericht der FTD den Tatsachen entsprechen – und davon gehe ich aus –, dann hat Exxon Mobil jede Glaubwürdigkeit verspielt und damit auch anderen Zweiflern an der menschlichen Ursache für die Klimaerwärmung in der öffentlichen Wahrnehmung geschadet.

Ich bin zwar zur Zeit nicht wirklich davon überzeugt, dass allein menschliche Ursachen zur der Klimaveränderung führen, die wir gerade erleben – ich bin auch nicht sicher, ob wir von „Klimaerwärmung“ sprechen können. Allerdings wird in der nahen Zukunft eine sachliche Diskussion dieses Themas nicht möglich sein, die Fakten von Skeptikern sind diskreditiert. Ich werde also unbefriedigenderweise beim Zweifeln bleiben müssen – denn gläubig bin ich zur Zeit weder in der einen noch in der anderen Richtung, auch wenn eine Tendenz vorhanden ist.