Die Zeit setzt sich heute unter dem Titel „Der große Spähangriff“ mit der Einführung der Online-Durchsuchung auseinander. Dabei beschreibt Autor Kai Biermann, dass sich SPD und CDU bezüglich der Einführung der Online-Durchsuchung aufeinander zu bewegen. Das ist auch kein Wunder, hat doch die SPD im Haushaltsausschuss mit der Bewilligung der Mittel dem Einbruch in die digitale Privatsphäre faktisch bereits zugestimmt.
Wenn man jedoch die im Artikel enthaltenen Aspekte der Entscheidung zusammen bringt, wird einfach nur deutlich, wie abstrus das alles ist:
„Ich bin der Auffassung, dass Onlinedurchsuchungen nötig sind“, sagte auch der innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz.
Für Wiefelspütz geht es vor allem darum, für das scheinbar Unvermeidliche sinnvolle und strenge Regeln festzulegen.
Der unbestreitbare Vorteil: Sämtliche Sicherungen und Verschlüsselungen werden damit umgangen. Die Polizei sieht, was der Nutzer auf seinem Schirm sieht und tut – also auch, wenn er Passwörter für geschützte Bereiche eingibt. Nur so, begründet Schäubles Ministerium diesen erheblichen Eingriff in die Grundrechte, könnten terroristische Pläne aufgedeckt werden, bevor eine Bombe hochgehe.
So schreibt der ehemalige Netzwerkadministrator und jetzige Richter Ulf Buermeyer in einer Studie, einen Rechner technisch zu infiltrieren, sei „ausgesprochen komplex“. Die Online-Überwachung sei zwar potenziell ein „scharfes Schwert“. Aber gerade gegen „intelligente Täter – also die eigentlichen ‚Gefährder'“, könne es kaum wirksam geführt werden. Denn die wüssten sich gegen solche Zugriffe zu wehren. Wirksam werden könne das Mittel nur „gegen virtuelle Eierdiebe vom Schlage eines amateurhaft agierenden eBay-Betrügers“.
Daher sagt auch Wiefelspütz, es gehe lediglich darum, „dass wir den vielen Instrumenten des Rechtsstaates bei der Verbrechensbekämpfung ein weiteres hinzufügen.“
Im Justizministerium dagegen will man zuerst einmal wissen, was überhaupt technisch machbar und was von dem Machbaren von den Ermittlern gewollt ist. Erst dann, so eine Sprecherin, könne man eine Rechtsnorm entwickeln.
Indes sträuben sich die Abgeordneten der SPD noch etwas. Sie wollen im Gesetz festgehalten wissen, dass es sich bei der Onlinedurchsuchung um eine „große Ausnahme“ handelt. Es werde, sagte Wiefelspütz, „von interessierter Seite“ der Eindruck erweckt, das Instrument sei unbedingt notwendig, um den Terrorismus besiegen zu können. „Das ist Schwachsinn.“
So, so, es ist also „Schwachsinn„, dass die Online-Durchsuchung unbedingt notwendig sei, um den Terrorismus zu besiegen. Aber wenn man doch bereits zu dieser Erkenntnis gelangt ist, wieso ist man dann noch „der Auffassung, dass Onlinedurchsuchungen nötig sind„? Und warum muss man dann die Hand dafür reichen, das Grundgesetz auszuhöhlen, um die Online-Durchsuchung einführen zu können. Oder will man als „große Ausnahme“ so sechs bis sieben „virtueller Eierdiebe“ pro Jahr damit habhaft werden? Die ganze Diskussion ist erkennbar die intellektuelle Bankrotterklärung der so genannten „Großen Koaltition“.
Hier geht es CDU uns SPD nicht um die Sache, sondern ums Prinzip. Würde es nämlich wirklich um die Sache gehen, müsste man sich ja auch mit den unbequemen Forderungen der Gewerkschaft der Polizei (GdP) auseinandersetzen. Das Verbiegen der Verfassung ist allerdings deutlich billiger, als die Strafverfolgungsbehörden in die Lage zu versetzen, ihrem Auftrag auch tatsächlich nachkommen zu können. Letzteres hingegen wäre wirkliche Politik.
Nachtrag: Die Gesellschaft für Informatik hat sich ebenfalls kritisch zu Online-Durchsuchung geäußert und eine inhaltliche Nähe dieses Konzepts zu Stasi-Methoden der DDR hergestellt. Hierzu findet sich eine Zusammenfassung im „rabenhorst„. (13.07.2007)