Okt 282010
 

Am gestrigen Abend fand in Eckernförde die diesjährige Einwohnerversammlung statt. Vorgestellt wurden die beiden großen Projekte zur Stadtentwicklung an der Hafenspitze und am Hafenkopf/Noordurchstich. Die meisten Besucher waren mit Sicherheit wegen der Entwicklung an der Hafenspitze gekommen, da hier konkrete Beschlüsse zur Umsetzung anstehen. In der Ratsversammlung war bereits am 30. August die Beteiligung der Behörden und öffentliche Auslegung beschlossen worden. Da sowohl in der vorangegangenen – und leider wie immer nichtöffentlichen – Sitzung des Hauptausschusses als auch in der Ratsversammlung vor allem aus der SPD-Fraktion noch Bedenken vorgetragen wurden, fand der Beschluss lediglich eine Mehrheit von 20:11 Stimmen.

Angesichts dieser Stimmungslage und der besonderen Bedeutung dieser Entwicklung für die Stadt hatte die FDP-Fraktion die Durchführung einer Einwohnerversammlung beantragt, weil eine breite Zustimmung in der Einwohnerschaft für dieses Projekt unabdingbar ist. Eine Pressemitteilung des Altstadtvereins am Vortag der Veranstaltung ließ dann allerdings eine unentspannte Diskussion erwarten. Der Verein mutmaßte, die Offenheit der Stadt sei nur vorgetäuscht und das Projekt bereits festgezurrt, da die Frist für Eingaben an die Stadt bereits vor der Einwohnerversammlung abgelaufen sei.

Die Vorstellung des Projekts

Kai Schurkemeyer, Quelle: penta gruppe

Kai Schurkemeyer
Quelle: penta gruppe

Doch Bürgermeister Sibbel nahm gleich zu Beginn der Veranstaltung den größten Druck aus dem Kessel, als er am Ende seiner Einführung zum Projekt Hafenspitze verkündete, dass die Stadt diese Frist um 2 Wochen ab der Versammlung, also bis zum 12. November verlängert hatte. Dementsprechend konnte dann Kai Schurkemeyer von der penta gruppe zusammen mit dem Eckernförder Architekten Stefan Rimpf die Planungen vorstellen. Beide hatten zusammen in der Vergangenheit bereits gemeinsam den Umbau der Räucherei Nachtigall in der Eckernförder Altstadt realisiert, sind also vor Ort nicht unbekannt.

In der anschließenden Aussprache mit den Bürgern, die eine knappe Stunde gedauert haben dürfte, ging es thematisch schwerpunktmäßig um die künftige verkehrliche Situation im Jungfernstieg sowie die Masse und Höhe der geplanten Baukörper. Die Kritik und Fragen zur verkehrlichen Situation kamen dabei erwartungsgemäß überwiegend von den direkt betroffenen Anwohner im Jungfernstieg. Hier rechnet die Verwaltung auf Basis eines Verkehrsgutachtens mit rund 50 zusätzlichen PKW je Stunde und Fahrtrichtung. Allerdings musste Bauamtsleiter Roy Köppen auf Nachfrage einräumen, dass diese insgesamt 100 Fahrzeuge je Stunde über den Tag gemittelt sind, in Spitzenzeiten also durchaus mit mehr Verkehr zu rechnen ist. Dieser Verkehr resultiert aus den An- und Abfahrten der dezentralen Zufahrten zur unterirdischen Tiefgarage und wird sicherlich noch einmal genauer zu betrachten sein.

Hinsichtlich der Größe der Baukörper und der Anzahl der geplanten Wohneinheiten konnten Planer und Verwaltung nach meiner Meinung die eingebrachten Einwände gut erwidern. So sind nicht, wie in der Versammlung postuliert, 200 Wohneinheiten auf dem Gebiet geplant, sondern lediglich 100. Zudem wird Wert auf eine gute Mischung von verschiedenen Wohntypen (Lofts, Stadthäuser, Ferienwohnungen) mit gewerblichen Räumen (Gastronomie, Einzelhandel) sowie Freiflächen gelegt. Die Lindenallee des Jungfernstiegs soll beispielsweise bis zum Hafen weitergeführt werden, an der Hafenspitze selbst und hinter dem geplanten Boarding House entstehen Plätze. Die Gestaltung von Fassaden und Dächern ist noch nicht Gegenstand der bisherigen Planung und wird in einem späteren Schritt in einem städtebaulichen Vertrag zwischen dem Investor und der Stadt geregelt werden.

Über die Größe einzelner Baukörper kann man durchaus verschiedener Meinung sein. Dem Autor erscheinen sie als gelungener Kompromiss zwischen den Anforderungen der Stadt an eine umgebungsangepasste und hochwertige Quartiersentwicklung und dem Interesse des Investors nach einer entsprechenden Wirtschaftlichkeit. Das Boarding House wird dabei aus Gründen des Schallschutzes eine Höhe von 15,99 m über der Hafenkante haben. Damit ist sichergestellt, dass auch künftig Freiluftveranstaltungen an der Hafenspitze durchgeführt werden können. Dennoch bleibt das Gebäude mit seiner Höhe deutlich unter den damaligen Planungen von ARCTEC mit einer Gebäudehöhe von 22,58 m für das Hotel und auch unter der Gebäudehöhe bereits vorhandener Bebauung im Jungfernstieg mit 17,44 m.

Sogar der notorische „Berufskritiker“ der Entscheidungen der Eckernförder Ratsversammlung, Gerhard Köster, bezeichnete die Planungen als „mit Abstand das qualitätsvollste Projekt bisher“ an dieser Stelle. Dem ist wenig hinzuzufügen. Wie es aussieht, kann jetzt nach Klärung weniger Detailfragen endlich ein neues Quartier guter städtebaulicher Qualität an der Hafenspitze die dortige hässliche Industriebrache ersetzen. Die Chancen stehen gut für dieses Projekt, das nach Angaben von Kai Schurkemeyer ein Volumen von mehr als 30 Mio. Euro haben wird.

Anmerkungen zur Presseberichterstattung

Insgesamt gibt meiner Einschätzung nach der Bericht, der morgen in den Kieler Nachrichten erscheinen wird, die Stimmung besser wieder als der heutige Artikel in der Eckernförder Zeitung. Manchmal ist schneller dann eben doch nicht besser. Die Kieler Nachrichten bringen darüber hinaus auch Auszüge aus der Diskussion.

Der Noordurchstich am Hafenkopf

Dieser Artikel befasst sich mit dem Thema der künftigen Entwicklung der Schnittstelle zwischen Noor und Hafen nicht näher. Ein Teil der Besucher der Einwohnerversammlung schien an diesem Thema, das sich noch in der grundlegenden Planungsphase befindet, auch nicht sonderlich interessiert zu sein. Denn eine erkleckliche Anzahl von ihnen verließ Veranstaltung, als die Planung für die Hafenspitze abgehandelt war. Weitere Informationen zu den Planungen finden sich auf dem Webserver der Stadt Eckernförde. Gewonnen hat den Wettbewerb übrigens die ARGE mit dem Entwurf 07.

Update:
Nach dem schnellen ersten Artikel hat die Eckernförder Zeitung jetzt noch einmal hinsichtlich der Hafenspitze etwas ausführlicher nachgelegt. Auch über die Vorstellung des Noordurchstichs berichtet sie heute.

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