Dez. 102024
 

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Der Irrglaube der israelischen Regierung
Der Bürgerkrieg in Syrien hat nun – drei Jahre nach seinem Beginn – endgültig das Nachbarland Israel erreicht. Ein israelischer Teenager war am Sonntag an der syrischen Grenze getötet worden. Das israelische Militär reagierte darauf mit Luftangriffen und tötete dabei syrische Soldaten.

Ein Kommentar von Christian Wagner, ARD Hörfunkstudio Tel Aviv

Wenn ein Verteidigungsminister glaubt, nur noch drohen zu können, dann hat er politisch aufgegeben. So hat es der israelische Verteidigungsminister Yaalon wieder mal getan: Entschieden und hart werde jede Provokation an Israels Grenze zu Syrien beantwortet, erklärte Yaalon.

Die Provokation, das ist der Tod des 14 Jahre alten Mohammed Karaka, er stammt aus einem Dorf auf den Golanhöhen, die von Israel besetzt und annektiert wurden. Gestorben ist Mohammed am Sonntag durch ein Geschoss, das von der anderen Seite des Grenzzauns in Syrien abgefeuert wurde. Er ist der erste Tote dieses Kriegs auf der israelischen Seite der Grenzlinie.

Yaalons Antwort, das sind Panzergranaten und Raketen. Es soll zehn Tote gegeben haben auf der syrischen Seite. Eine – aus israelischer Sicht – bewusst dosierte Antwort. Sie fällt lauter und bedrohlicher aus als bei früheren Zwischenfällen an dieser Grenze. Aber der syrische Machthaber Assad soll möglichst auch nicht reagieren und trotzdem sein Gesicht wahren können.

Yaalon kann nur hoffen, dass seine in militärische Gewalt verpackte Botschaft richtig verstanden wird. Sie soll lauten: Sorgt dafür, dass Euer Bürgerkrieg in Syrien bleibt! Weiter reicht das israelische Interesse nicht. Es gibt nur den Wunsch nach einer Ruhe, die es gab, als Assad noch fest im Sattel saß.

Ironischerweise erklärt die israelische Armee am Montag, es gebe keinen Zusammenhang zwischen dem Austausch militärischer Gewalt an der Nordgrenze und ihrem Militäreinsatz im besetzten Westjordanland – und stellt den Zusammenhang dann doch selbst her: Man sei an keiner Eskalation mit Syrien interessiert, heißt es, weil man sich ganz auf die Suche nach den verschleppten israelischen Jugendlichen im Westjordanland konzentrieren müsse.

Eine erfolglose Suche, auch nach zehn Tagen, hunderten Durchsuchungen, fünf erschossenen Palästinensern und rund 400 Festnahmen. Letztlich gibt es diesen Militäreinsatz, weil es zuvor keine Suche nach einer politischen Lösung gab. Jahre der relativen Ruhe im Westjordanland hat die israelische Regierung ungenutzt verstreichen lassen, auf ein „Weiter so“ gesetzt.

Aber die israelische Regierung irrt, wenn sie glaubt, die Sicherheit ihrer Bürger auf besetztem Territorium auf Dauer mit militärischen Mitteln sichern zu können. Genauso irrt sie, wenn sie behauptet, ein Übergreifen des syrischen Bürgerkriegs ließe sich allein militärisch beantworten.

Wenn Politik versagt, dann müssen das im Nahen Osten vor allem die Jungen ausbaden: die drei israelischen Teenager, die entführt wurden. Die Palästinenser, denen unter der Besatzung jede Perspektive genommen wird. Die jungen israelischen Soldaten, die immer wieder mitten in der Nacht zu Durchsuchungen in die Häuser palästinensischer Familien geschickt werden. Oder Kinder wie Mohammed Karaka, der an der israelisch-syrischen Grenze getötet wurde. Sie alle haben das Recht auf Politik, statt Gewalt. Bisher werden sie nur immer damit vertröstet, es gehe gar nicht anders.

Dieses Thema im Programm:
NDR Info | Kommentare | 23.06.2014 | 17:08 Uhr

 Veröffentlicht von am 10. Dezember 2024 um 18:23

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